Science Fiction?

Science Fiction?

“Cyberknife”, “Stereotaxie”, “Checkpointinhibitoren” – was sich nach Science Fiction anhörte, war in Wirklichkeit eine Ärztliche Fortbildung. So spannend, dass die Veranstaltung am 05.12.2018 im Rathaus Vechta um eine dreiviertel Stunde überzogen wurde.

Fünf Vorträge fesselten die etwa 60 Besucher. Highlight war der Beitrag von Frau Dr. Ernst. Sie leitet als Chefärztin die Strahlentherapie und das Cyberknife Zentrum in Soest. Kaum jemand in Deutschland hat mehr Erfahrung mit stereotaktischen Bestrahlungen, als sie. In den letzten Jahren hat sie ein Netzwerk mit 34 Stereotaxieeinrichtungen etabliert. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch die Strahlentherapie Vechta. Bei der Stereotaxie handelt es sich um eine Hochpräzisionsbestrahlung, die sehr nebenwirkungsarm eine Extremdosis in einzelne Tumoren einstrahlt. Die Wirkung ist so beeindruckend, dass man von “Radiochirurgie” spricht. Dazu eignen sich etwa Hirnmetastasen, Tumoren in der Lunge und Leber sowie Lymphknotenabsiedlungen der Prostata. Weil die Strahlenbelastung am gesunden Gewebe niedrig gehalten werden kann, können häufig auch in vorbestrahlten Regionen erfolgversprechende Therapien realisiert werden.

Nierentumoren fallen meistens als Zufallsbefunde im Ultraschall beim Hausarzt oder Internisten auf. Darauf wies Herr Dr. Sommer, urologischer Chefarzt des St. Franziskushospital Lohne, hin. Nicht selten werden sie dann so früh entdeckt, dass sie mit einer Operation geheilt werden können. Er und Herr Dr. Steffens, internistischer Krebsexperte aus Damme, stellten die chirurgischen und medikamentösen Therapieoptionen dar. Gerade die medikamentösen Behandlungen erfahren in den letzten Jahren rasante und andauernde Fortschritte. Für die Grundlagenforschung, die zu den sogenanten Checkpointinhibitoren geführt haben, haben der Amerikaner Allison und der Japaner Honjo den diesjährigen Nobelpreis für Medizin erhalten. Herr Dr. Penke, internischer Onkologe aus Vechta und Lohne, stellte in einem plastischen Vortrag die Wirkweise dieser Medikamentengruppe dar. Diese Substanzen aktivieren das patienteneigene Immunsystem gegen den Tumor. Bösartige Tumoren etwa der Lunge oder Niere, bei denen eine Chemotherapie nicht oder nicht mehr hilft, können so behandelt werden. Fortgeschrittene Tumoren verursachen häufig Schmerzen. Frau Twiessel, die leitende Fachärztin für Hämatologie und Onkologie im Marienhospital Vechta ist auch in der Vechtaer Praxis für Hämatologie/ Onkologie tätig. Sie ist außerdem auf Palliativmedizin spezialisiert. Sie gab einen hervorragenden und praxisnahen Überblick über die medikamentöse Schmerzbehandlung.

Meine persönliches Fazit: Fachlich haben wir alle eine Menge voneinander gerlernt. Und, mindestens genauso wichtig: durch die persönlichen Kontakte sind die onkologischen Akteure (Spezialisten, Hausärzte, Pflegekräfte) der Region weiter zusammengewachsen.

 

 

Bildeindrücke

Eine gute 2!

Eine gute 2!

Wer mag schon gerne Physik? Die Auszubildenden zum Medizinisch-technischen Radiologieassistenten (MTRA, m/w) aus Osnabrück offensichtlich schon.

Der Mittelkurs absolvierte erstmals in der Vechtaer Strahlentherapie einen Blockkurs in der Medizinischen Physik. Durch einen Fragebogen wurde die Zufriedenheit mit dem Kurs erfragt. Das erfreuliche Ergebnis: 1,9 lautete die Durchschnittsnote. Besonders positiv wurde die Möglichkeit zu Fragen und Diskussionen bewertet. Unterdurchschnittlich wurde der zeitliche Aufwand für die Teilnehmer empfunden. Angesichts der Anreise aus Osnabrück kein Wunder. Unser Fazit: das Engangement unserer Medizinphysiker war wohl ansteckend. Physik ist vielleicht doch nicht das Horrorfach, wie es in der Schule auf manche wirkte. Im Gegenteil: die MTRA Schüler vergaben für den praktischen Nutzen eine glatte 2.

Die meisten Leitlinien sind aktuell

Die meisten Leitlinien sind aktuell

Für die Behandlung von Krebserkrankungen mit Strahlentherapie sind Leitlinien sehr wertvoll. In ihnen sind nämlich die Erkenntnisse aus aktuellen Studien zu Therapieempfehlungen zusammengefasst. Eine sehr hochwertige Arbeit, bei der Experten aus den verschiedenen Fachbereichen auf wissenschaftlicher Basis einen Konsens finden. Sie helfen dabei, für jeden einzelnen Patienten die passende Therapiestrategie zu finden. Sie geben dabei die standardmäßige Richtung vor. Bei besonderen Umständen kann es aber geboten sein, abzuweichen.

Damit der wissenschaftliche Fortschritt auch berücksichtigt wird, haben Leitlinien eine beschränkte Gültigkeitsdauer. Wir haben einmal ausgewertet, welche für die Strahlentherapie wichtigstenen Leitlinien noch aktuell sind. Gute Nachricht: die meisten. Mit dabei sind die ganz wichtigen, etwa für Brustkrebs oder Prostatakarzinom. Andere sind leider schon veraltet. Bei diesen Erkrankungen stehe uns aber europäische oder amerikanische Leitlinien zur Verfügung und natürlich die aktuelle, meist internationale Fachliteratur.

Was ist ein Linearbeschleuniger?

Stahl oder Strahl? Was dem Chirurg das Skalpell ist, ist dem Radioonkologe der Strahl. Gemeint ist eine extrem durchdringfähige Röntgenstrahlung. Dieser trifft auch in der Tiefe liegende Tumoren und zerstört ihn. Das Gerät, dass diese Art von Röntgenstrahlung erzeugt, heißt Linearbeschleuniger. Der Strahlerkopf, aus dem die Strahlung austritt, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die dahintersteckende Technik ist so komplex wie bei Flugzeugen. Fliegen kann der Linearbeschleuniger zwar nicht, dafür aber viel besser Elektronen beschleunigen.

Der Reihe nach: Am Anfang erzeugt das Gerät Elektronen. Sie erinnern sich: winzige Teilchen, die im Atom die Kerne umkreisen und eine negative Ladung besitzen. Diese Elektronen werden auf die Reise durch ein Beschleunigerrohr geschickt. In diesem Rohr wirken extreme (elektro-) magnetische Kräfte wie ein kleinstadtgroßer Riesensupermagnet auf die Elektronen ein. So kommt es zu einer unvorstellbaren Beschleunigung. Selbst Düsenjets sind dagegen Schnecken. Am Ende besitzen die Elektronen fast Lichtgeschwindigeit. Seit Einstein wissen wir: schneller geht’s nicht. Diese lichtschnellen Elektronen werden dann auf ein Metall (Fachsprache: “Target”) gelenkt. So schnell wie sie waren, so rasant werden sie jetzt abgebremst. Dabei wird deren enorme Energie in Bremsstrahlung umgewandelt, die gewünschte tiefenwirksame Röntgenstrahlung, die auf den Tumor gerichtet wird!

Was ist Brachytherapie?

Was ist Brachytherapie?

Erfolgreich bei Prostatakrebs.

Brachytherapie ist Bestrahlung von innen – mit hoher Dosis. Die Strahlenquelle wird in (oder an) die bestrahlte Region verbracht. Sie ist bei Prostatakrebs die Alternative zur Operation. Denn sie ist schonender und kann auch genutzt werden, wenn ein chirurgischer Eingriff nicht möglich ist. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren ohne Metastasen ist sie sogar erfolgreicher.

Die Abteilung für interventionelle Strahlentherapie der Radiologie Vechta arbeitet mit der HDR-Brachytherapie im Afterloding-Verfahren (Nachlade-Verfahren). Das heißt, es werden zunächst dünne Hohlnadeln in die Prostata eingebracht. Erst danach wird eine hochaktive Strahlenquelle aus einem Tresor von außen computergesteuert in jede der Hohlnadeln der Reihe nach “nachgeladen”. Die Dosierung kann so millimetergenau optimiert werden. Kein Verfahren zur Behandlung des Prostatakarzinoms ist präziser. Jede dieser HDR-Brachytherapien nimmt 1-2 Stunden in Anspruch. Diese Zeit verschläft der Patient in Narkose. Die Prostata selbst wird effektiv über nur 5-6 Minuten bestrahlt. Der gesamte Behandlungsplan umfasst zwei dieser Brachytherapien sowie einer äußeren Bestrahlung  über 5 Wochen mit 25 Einheiten.

Die Abteilung für interventionelle Strahlentherapie wird seit ihrem Bestehen 2008 von Herrn Wojciech Kacpura, Facharzt für Strahlentherapie geleitet. Bereits mehr als 1.000 Brachytherapien hat sie durchgeführt. Sie ist in Niedersachsen “Marktführer”, keine andere Ambulanz für Strahlentherapie führt diese Methode häufiger durch. Dabei arbeitet die Radiologie Vechta eng mit Urologen aus der Region zusammen – zum Beispiel im Arbeitskreis “Prostata Niedersachsen Mitte” – und freut sich mit den Kollegen und vor allem mit den Patienten über die sehr guten Ergebnisse der Brachytherapie.

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